Die aktuelle Diskussion zur Bedeutung von Raubsäugern für Wiesenvögel und für Brutkolonien im Küstenbereich rechtfertigt nicht die Forderung nach verstärkten jagdlichen Eingriffen. Natürlich erbeuten Raubsäuger Gelege und Jungvögel, zumal in kleinräumigen Reservaten mit hohen Brutdichten inmitten ausgeräumter Landschaften. Das mag für die Betreuer von Schutzgebieten schmerzlich sein. Bei genauerer Betrachtung sollte jedoch klar werden, dass vom Menschen verursachte tiefgreifende und vielschichtige Lebensraumveränderungen, nicht aber die Raubsäuger, primäre Ursache für Bestandeseinbrüche bei den Vögeln sind. Diese Probleme können eben nicht durch fortwährendes Töten von Raubsäugern beseitigt werden, sondern allein durch veränderte Lebensraumgestaltung. An den Beispielen von Birkwild und Kiebitz in Norddeutschland oder der Großtrappe in Brandenburg werden die Zusammenhänge besonders deutlich. Diese Arten konnten weder durch die Einrichtung relativ kleinräumiger Schutzgebiete noch durch die Jagd auf dort vorkommende jagdbare Beutegreifer in größeren und stabilen Beständen erhalten werden.
Bodenbrüter, Kiebitz
Die Wirksamkeit der Raubwildbejagung zur Vermeidung von Seuchen wird erheblich überschätzt. 23 Jagd/07.2003 10.11.2003 18:14 Uhr Seite 23 Es dürfte schwer fallen, den Nachweis zu erbringen, dass durch die Jagd auf Raubsäuger gesundheitliche Risiken für Mensch, Wild- und Haustier gemindert werden können, z.B. hinsichtlich Tollwut, Fuchsräude oder Parasitosen (Fuchsbandwurm). Die Tollwut etwa wurde nicht durch das Töten von Füchsen erfolgreich bekämpft, sondern durch die Ausbringung von Impfködern. Die Gefahr, dass Menschen vom Kleinen Fuchsbandwurm befallen werden, ist äußerst gering. Nach medizinstatistischer Wahrscheinlichkeit können sich unter 100.000 Personen gerade einmal 0,18 bis 0,74 pro Jahr infizieren. Unter ihnen sind wiederum nur wenige immungenetisch so disponiert, dass sie überhaupt erkranken können.
Es gibt nur wenige “vernünftige Gründe” für die Raubwildjagd
Bei inakzeptablen Störungen für den Menschen im Siedlungsbereich (z.B. Steinmarder in Häusern und Kraftfahrzeugen) könnte ein “vernünftiger Grund” vorliegen. Die Tötung von Steinmardern oder Füchsen sollte in solchen Fällen gestattet werden. Dabei besteht kein Zweifel, dass der Effekt dieser Jagd in der Regel gering sein wird. Ein frei gefangenes Steinmarder- oder Fuchsrevier wird unverzüglich wieder besetzt werden. Ein Haus kann nicht durch Marderjagd, sondern nur durch perfekte Abdichtung aller Zugangsmöglichkeiten dauerhaft marderfrei gemacht werden. Jagd zur maßvollen Nutzung von Fellen ist durchaus vertretbar, auch etwa für wissenschaftliche Untersuchungen und zur Herstellung von Präparaten. Für den Absatz größerer Mengen an Pelzwerk gibt es gegenwärtig keinen Markt. Der Eigenbedarf von Jägern dürfte schnell gedeckt sein.