Beitrag zur tierschutzgerechten Jagd

Wie oft hört man auf den Jagden: „Der Schuss ging glatt vorbei! Das Stück habe ich nicht getroffen.“ Für den Schützen in solcher Situation gibt es vielleicht subjektiv keinen Zweifel; auch an Erklärungsversuchen, bis hin zu fadenscheinigen Ausreden, herrscht kein Mangel: es kann nur ein Fehlschuss gewesen sein! Dies kann ja durchaus zutreffen, aber auch das Gegenteil ist nicht auszuschließen. Schweißhundeführer erfahren gelegentlich die Kehrseiten vermeintlicher Fehlschüsse, wenn sie bei Nachsuchen z.B. auf nicht gemeldetes, gleichwohl angeschossenes oder nach einem Anschuss verendetes Wild stoßen.

Unabhängig von der Schießerfahrung des einzelnen Schützen muss nach Landesjagd- und Tierschutzgesetz gelten, dass jedes beschossene Tier – auch wenn es scheinbar „gesund“ flüchtete – mit einem erfahrenen Hund in Form einer Kontrollsuche nachgesucht wird. Bei dieser Arbeit darf das Nachsuchengespann, unabhängig davon, ob es sich um Nieder- oder Hochwild handelt, über die Reviergrenzen hinaus arbeiten. Der angrenzende Jagdausübungsberechtigte ist jedoch nach erfolgter Suche über das Ergebnis zu benachrichtigen.

Schuss und Fehlschuss

Auf sogenannten Anschuss – Seminaren können Jäger eindrucksvoll erfahren, welche Nebenwirkungen z.B. ein Kugelschuss auf ein einzelnes Wildschwein in der Rotte anrichten kann. Neben dem einen tödlich getroffenen Stück Wild können durchaus weitere Stücke, von Geschoss – Splittern leicht bis schwer verletzt, entkommen, ohne dass ihre Verletzungen registriert werden konnten. Immer wieder erleben es Jäger, dass nicht nur das eine beschossene Tier im Rudel oder in der Rotte tödlich getroffen wird, sondern auch ein außerhalb der Visierlinie stehendes Stück Wild plötzlich verendet.

Nach Untersuchungen in Skandinavien muss man annehmen, dass auf je zwei erlegte Wildgänse eine weitere entfällt, die ebenfalls von Schroten getroffen, aber nicht sofort getötet wurde. Mit anderen Worten: mindestens jede dritte beschossene Gans fliegt verletzt, mit Schroten im Körper, davon. Sie mag überleben. Sie mag aber auch nach längerem Siechtum sterben.

Dänische Biologen nehmen nach Auswertung umfangreichen Untersuchungsmaterials an, dass die Zahl der mit Schrot beschossenen und verletzten Vögel die Zahl der erlegten übertrifft. Sie halten es für wahrscheinlich, dass ähnliche Relationen auch für Schüsse auf anderes Niederwild, etwa Hasen oder Wildkaninchen, gelten können.

Kein Jäger sollte jetzt noch behaupten, dass ihm dies nicht bekannt sei. Und er sollte selbstkritisch prüfen, wie denn seine Schießergebnisse bei der Jagd zu bewerten sind, wie viele Kreaturen auch er wohl angebleit haben mag.

Jagdliches Schießen als Lernprozess

Verantwortungsbewussten Jägern ist die Problematik keinesfalls fremd. Nach außen werden diese Missstände jedoch weitgehend verschwiegen, und auch intern redet man nicht gern darüber. Allzu leicht könnte man dabei sich selbst und auch die Jagd als Ganzes in Misskredit bringen. Demgegenüber würden mehr Aufrichtigkeit und Selbstkritik Jägern, Jagd und Wild sehr dienlich sein. Der Schuss auf ein lebendes Tier ist schließlich der zentrale Akt: er soll möglichst unmittelbar und schmerzlos töten. Jäger tragen damit ein hohes Maß an Verantwortung. Gleichzeitig werden sie von einer kritischen Gesellschaft wachsam beobachtet.

„Das jagdliche Schießen auf den Schießständen dient der Übung und Förderung in der Fertigkeit beim Umgang mit den Waffen, die bei der Jagdausübung geführt werden. Die ethisch und gesetzlich verankerten Grundsätze des Tierschutzes … fordern von jedem Jäger, das Wild so zu erlegen, dass ihm vermeidbare Schmerzen und Leiden erspart bleiben….Eine regelmäßige Teilnahme am jagdlichen Schießen soll dazu führen, dass jeder Jäger diesen Forderungen in steigendem Maße entsprechen kann“ (Zit.aus DJV-Handbuch 1998).

Dieser Forderung schließt sich die Arbeitsgemeinschaft Naturnahe Jagd an!

Zwar hat das jagdliche Schießen einen hohen Stellenwert innerhalb der Bemühungen der Jägerschaft. Andererseits hingegen ist festzustellen, dass nur relativ wenige Jäger von entsprechenden Angeboten Gebrauch machen. Viele gehen alljährlich untrainiert zur Jagd und nehmen somit schlechte Schüsse billigend in Kauf. Das ist nicht zu verantworten.
Es ist nur eine Frage der Zeit, dass die Jagd sich für die Missstände beim Schuss auf Wild öffentlich zu rechtfertigen haben wird.

Die Arbeitsgemeinschaft Naturnahe Jagd fordert daher eine pflichtgemäße regelmäßige Schießprüfung für den Kugel- und Schrotschuss, wie es in anderen Ländern bereits gehandhabt wird. Als Konsequenz muss gelten: diejenigen Jägerinnen und Jäger, die ungenügende Treffer-Ergebnisse erreichen, dürfen nicht mehr die Jagd ausüben, oder sie dürfen nur mit der Waffe jagen, für die sie die Anforderungen erfüllen.
Für Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Naturnahe Jagd gilt die Pflicht zu regelmäßigem Schießtraining, möglichst in gemeinsamer Runde. Damit ist gleichzeitig eine gewisse gegenseitige Kontrolle der Fertigkeiten verbunden.
In Zukunft wird diesen Jägern dank der Finanzierung aus der Jagdabgabe des Landes Schleswig-Holstein das Training mit einem Laser – gesteuerten Schießkino möglich sein. Gerade für den Schuss auf sich bewegendes Wild ist dieses System ein wichtige, lautlose und Munition sparende Ergänzung zum Üben mit der scharfen Waffe.

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